konrad kirsch

adam anatomie anthropozän batman begins ein bericht für eine akademie the birds blade runner die blendung sandro botticelli georg büchner william s. burroughs elias canetti dantons tod the dark knight the dark knight rises dunkirk blake edwards das erdbeben in chili eva faust following sigmund freud geburt der venus gladiator giordano bruno florian henckel von donnersmarck hermeneutik alfred hitchcock thomas hobbes hypertextualität inception insomnia interstellar intertextualität jakob von gunten james bond franz kafka king kong heinrich von kleist klimakatastrophe das leben der anderen lebensphilosophie lenz leonce und lena lost highway david lynch man of steel michael mann masse und macht memento mulholland drive neoliberalismus friedrich nietzsche dr. no no time to die christopher nolan oppenheimer the party platon edgar allan poe the prestige quantentheorie romeo and juliet jean-jacques rousseau stefan ruzowitzky ridley scott william shakespeare skyfall solaris sophokles emanuel swedenborg andrei tarkowski tenet thief der tod gottes das unbehagen in der kultur der verschollene robert walser max weber woyzeck

Veröffentlichungen

In Vorbereitung:

Lynch 1:

Eine Analyse von

David Lynchs

Lost Highway

(Arbeitstitel)

Die Rätselhaftigkeit von David Lynchs Filmen wirkt sich auf deren Rezeption aus. Ein Rätsel besteht zumeist aus mehreren Teilfragen, deren Antworten einander nicht nur nicht widersprechen, sondern einander im Gegenteil sinnvoll ergänzen.

 

So weit ich sehe, wurde für Lost Highway (1997) noch kein schlüssiger Interpretationsansatz gefunden. Eine häufig anzutreffende Annahme ist es deshalb, dass es gerade ihre Unergründbarkeit wäre, die David Lynchs Filme ausmache.

 

Meiner Ansicht nach greift eine solche Mystifikation zu kurz. Bereits dem Scherz, den Lynch in Mulholland Drive mit den Initialen seiner Hauptfiguren macht, liegt ein recht rationales Muster zugrunde: Adam, Betty, Camilla und Diane. 

Aber das gehört zu Lynch 2.

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In Vorbereitung:

Lynch 2:

Eine Analyse von

David Lynchs

Mulholland Drive

(Arbeitstitel)

Die Frage, ob sich die Erkenntnisse zu Lost Highway (1997) auf Mulholland Drive (2001) übertragen lassen, führte zunächst zu einem Kapitel am Ende von Lynch 1. Ein zweites folgte, und als der Exkurs immer umfangreicher wurde, entschloss ich mich, daraus mit Lynch 2 eine eigene Publikation zu machen.

 

Die Veröffentlichung von Lynch 1 und 2 soll in wenigen Wochen erfolgen.

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Soeben erschienen:

Die Gesellschaft von St. Jago

oder: Beitrag zu der Frage, weshalb Kleists Erdbeben-Erzählung nicht in Lissabon spielt

konrad kirsch verlag

eBook

ISBN 978-3-929844-36-8

Januar 2025

Der Beitrag wurde erstmals 2011 in der Zeitschrift für deutsche Philologie veröffentlicht.* Für die Neuerscheinung wurde er punktuell ergänzt.

 

Abstract: Das Erdbeben in Chili ist ein Gedankenexperiment, in dem Heinrich von Kleist zwei un­ter­schiedliche Gottesbilder miteinander kollidieren lässt und die Un­an­ge­mes­sen­heit re­ligiöser Deu­tungen von re­a­len Er­eig­nis­sen zeigt. Das Be­ben fungiert dabei als Ka­ta­lysator, der die kon­trä­ren Po­si­tionen deut­lich her­vor­tre­ten lässt.

Die sich als christlich verstehende Gesellschaft von St. Jago verrät ihre Ideale, in­dem sie die zur Heiligen Familie Stilisierten er­schlägt. Der Mord an Josephe, Jeronimo und ihrem (Adoptiv-)Kind rekurriert auf die Opferung Isaaks, wodurch die Be­wohner von St. Ja­go hin­ter das jüdisch-christ­li­che Verbot des Men­schen­op­fers zurückfallen. Die Rolle von Jeronimo und Josephe ist ambivalent: Einer­seits bilden sie das Zen­trum ei­ner uto­pi­schen Gemeinschaft, andererseits ist ihr Selbst­bild hyb­risch, da sie sich selbst als Heilige Fa­mi­lie wahr­neh­men, deren Ret­tung je­des noch so mons­trö­se Op­fer rechtfertige. Ihre Selbst­täu­schung ver­stärken die Liebenden zusätzlich da­durch, dass sie ihre Ge­schich­te als tri­vi­a­len Lie­bes­roman er­le­ben. Doch in ei­nem grausigen, me­ta­tex­tu­el­len Spiel lässt der Er­zäh­ler sie statt vor dem Trau- auf dem Op­fer­al­tar en­den.

 

In The Earthquake in Chile, the failure of religious interpretations of real events is illustrated by two antagonistic groups. The earthquake functions as a catalyst that throws the opposing views into relief.
The society of St Jago which understands itself as Christian betrays its ideals by destroying the holy family. The murder of Josephe, Jeronimo and their (adopted) refers at the sacrifice of Isaac by which the inhabitants of St Jago regress behind the Jewish-Christian taboo on human sacrifices. The role of Jeronimo and Josephe is ambivalent: on the one hand they form the center of the utopian community, on the other their self-perception is not free from hybris because they regard themselves as the holy family whose survival justifies even monstrous actions. The lovers‘ self-delusion is exacerbated by the fact that they also perceive their story as a trivial love affair. But in a gruesome meta-textual game the narrator leads them to the altar of sacrifice rather than marriage.

 

* Vf: Die Gesellschaft von St. Jago, in: ZfdPh, 130ster Band 2011, 4tes Heft.

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Neuerscheinung:

From Doodlebug to Oppenheimer
An Analysis of Christopher Nolan’s Film Work

Edition Axel Menges

English

251 illustrations

ISBN 978-3-86905-037-9

October 2024

Abstract: The analysis of the corpus formed by Christopher Nolan’s film works allows us to derive its poetics. The key to this is provided by the magic trick script in The Prestige that influences all of Nolan’s post-Insomnia films. Inception is an allegory of filmmaking entirely shaped by the script of magic tricks. The Joker in The Dark Knight turns out to be the embodiment of neoliberalism, and in The Dark Knight Rises, we see Bane, a populist who benefits from the destruction that neoliberalism wreaks. Interstellar and Tenet are about how humanity reacts to the climate catastrophe: in Interstellar, all that remains for humanity is to flee into space; in Tenet, Nolan has future generations fight back against the present, because we are destroying their essential conditions for life. With the nuclear bomb, the protagonist of Oppenheimer gives humanity the power to destroy itself. In doing so, he not only heralds the atomic age but also the Anthropocene. Thus, the analysis shows how outstanding Nolan’s films are, but they also prove to be surprisingly political.

Other key topics in this analysis include: the attack on the Kiev Opera in Tenet and the Russian war of aggression against Ukraine; the references in Inception to Andrei Tarkovsky’s Solaris; the relationship of the dead female characters in Nolan’s films to Edgar Allan Poe’s The Philosophy of Composition; the transformation of the canary birds of The Prestige into planes in Nolan’s later films; how the escape from Earth in Interstellar is complemented by the evacuation in Dunkirk; the interdependencies between Interstellar and Zack Snyder’s Man of Steel; how neoliberalism is reflected in Michael Mann’s Thief; what it means that Nolan casts his daughter Flora in the role of a refugee in Interstellar and in the role of an atomic bomb victim in Oppenheimer; and the allusions in Tenet to the James Bond film Skyfall.

Because of this last point, there is a digression that deals with Skyfall. Against the background of changing gender relations, Bond is looking for a new identity. The homosexuality of the villain Silva is a cipher for misogyny, and Silva’s femicide of Sévérine is a reference to the death of Joan Vollmer Burroughs. The study includes an explanation of why Bond has to do without his Beretta in Dr. No and is instead accompanied throughout his film series by the ›triumvirate‹ of the Walther PPK, the Aston Martin, and the Vodka Martini. These findings are looked at in relation to Daniel Craig’s subsequent Bond films.

 

Free extract at:

http://axelmenges.de/buch/Kirsch_Nolan.pdf

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Neuerscheinung:

Von Doodlebug zu Oppenheimer
Eine Analyse des filmischen Werks von Christopher Nolan

konrad kirsch verlag

eBook

ISBN 978-3-929844-33-7

Dezember 2024

Abstract: Christopher Nolans Werk bildet ein Corpus, aus dessen Analyse sich seine Poetik ableiten lässt. Den Schlüssel dazu stellen The Prestige und das Skript der Zaubertricks dar. Sämtliche Filme Nolans nach Insomnia sind davon geprägt: Es geht um Tricks, Täuschung und den Ver­such, die Welt von Neuem zu verzaubern. Nolan verbindet dies mit weiteren Themen: Inception stellt eine Allegorie aufs Filmemachen dar. Der Joker in The Dark Knight erweist sich als Verkörperung des Neoliberalismus, und mit Bane profitiert in The Dark Knight Rises ein Populist von der Zerstörung, die der Neoliberalismus anrichtet. In Interstellar und Tenet geht es darum, wie die Menschheit auf die Kli­ma­ka­tas­tro­phe reagiert: In Interstellar bleibt ihr nur die Flucht ins All; in Tenet wird die Gegenwart von künftigen Generationen attackiert, weil wir ihre Lebensgrundlagen zerstören. Mit der Atombom­be gibt der Protagonist von Oppenheimer der Menschheit die Macht, sich selbst zu zerstören. Damit läutet er nicht nur das Nuklearzeit­alter ein, sondern auch das Anthropozän.
Weitere zentrale Themen der Analyse sind unter anderem: der An­griff auf die Kiewer Oper in Tenet und der russische Angriffskrieg 2022 gegen die Ukraïne; die Bezüge in Inception auf Solaris von An­drei Tarkowski; die toten Frauenfiguren in Nolans Filmen in Relation zu Edgar Allan Poes The Philosophy of Composition; in den Flug­zeu­gen in Nolans Filmen sind die Kanarienvögel aus The Prestige trans­formiert; die Flucht von der Erde in Interstellar wird von der Evakuierung in Dunkirk ergänzt; die Wechselbeziehungen zwischen Interstellar und Zack Snyders Man of Steel; der Neoliberalismus wird in Michael Manns Thriller Thief gespiegelt; die Anspielungen in Te­net auf den James-Bond-Film Skyfall, und was es bedeutet, dass No­lan in Interstellar die Rolle einer Fliehenden und in Oppenheimer die eines Atombombenopfers mit seiner Tochter Flora besetzt.

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Neuerscheinung:

Elias Canettis Poetik der Masse

konrad kirsch verlag

eBook

ISBN 978-3-929844-35-1

Dezember 2024

Abstract: Elias Canettis Poetik ist darauf ausgerichtet, den Tod in all seinen Erscheinungsformen zu bekämpfen. Umgekehrt will er mittels eines poetischen Animismus potentiell die gesamte Welt beleben.
Mit der Episode um den Schmied Jean gibt Canetti die hypertextuelle Lektüre zur Analyse seines Romans Die Blendung vor. Dies liefert den Rahmen für die Betrachtung von vier Aspekten der Blendung: Kiens Bezug zum ersten chinesischen Kaiser Shi-Hoang-Ti und zum chinesischen Ahnenkult; Kien transformiert die Tod-Figur des Totentanzes und des Motivs ›Der Tod und das Mädchen‹; in den »Gorilla« der Blendung sind Rousseaus Naturmensch und King Kong eingegangen; schließlich: King Kong als Film über den Versuch eines Ausgegrenzten, sich zu integrieren, und dessen Einfluss auf die Gestaltung des Juden Fischerle in der Blendung. Abschließend wird die Messer-Metapher in Canettis Werk betrachtet.

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Neuerscheinung:

James Bonds Himmelssturz in Skyfall
unter Berücksichtigung von ›William, tell‹ Burroughs

konrad kirsch verlag

eBook

ISBN 978-3-929844-34-4

Dezember 2024

Abstract:

Mehr als in vergleichbaren Filmen geht es in der James-Bond-Rei­he um Männer- und Frau­en­bil­der. Vor dem Hintergrund der sich wandelnden Geschlechterverhältnisse sucht James Bond in Skyfall nach einer neuen Identität. Die Ho­mo­se­xualität des Schurken Silva ist eine Chiffre für Misogynie, und sein Femizid an Sévérine re­kurriert auf den Tod von Joan Vollmer, die William S. Burroughs bei einem Wilhelm-Tell-Spiel erschoss.

Daraus leitet sich auch der Untertitel des eBooks ab: Der künftige Beatpoet William S. Burroughs tötete tragischerweise seine Frau Joan Vollmer, als sie volltrunken den Wilhelm-Tell-Schuss nachstellen wollten. Hier verunglückte ein in Szene gesetzter Scherz, da Burroughs den englischen Titel von Schillers Drama offenbar als Aufforderung zu erzählen verstand: William, tell! Nach eigenem Bekunden wurde William S. Burroughs erst durch den Tod seiner Frau Joan Vollmer zum Schriftsteller.

Die Untersuchung ­klärt des weiteren, weshalb Bond in Dr. No auf die von ihm bevorzugte Pistole, eine Beretta, verzichten muss und stattdessen von dem ›Triumvirat‹ Walther PPK, Aston Martin und Wodka Mar­tini durch die Filmreihe begleitet wird. Diese Befunde werden in Bezug zu Spectre und No Time to Die gesetzt.

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Filmanalyse: Nolan
Die Zukunft schlägt zurück – Der Klimakrieg in Christopher Nolans Tenet
im Kontext seiner bisherigen Filme nebst einer Abschweifung zu Skyfall unter Berücksichtigung von ›William, tell‹ Burroughs

konrad kirsch verlag

eBook

ISBN 978-3-929844-32-0

2022

Auszug aus dem Text: Die arenaartige Staffelung der Publikumsränge lässt erahnen, dass das Kon­zert nicht statt­finden wird. Fest­lich ge­kleidete Menschen neh­men Platz, hinter ihnen wird eine schall­dichte Kon­struk­tion herab­ge­lassen, die den Kon­zert­saal wie ei­ne Mau­er umschließt. Die Mu­siker der ukrainischen Nationaloper über­prü­fen ein letz­tes Mal ihre In­stru­mente, bis der Di­ri­gent mit dem Takt­stock ge­gen das Notenpult schlägt. Ein Mo­ment des Inne­hal­tens. Doch in die Stil­le ent­fal­ten sich nicht Har­mo­nien: Harte Schüsse fal­len, ver­mumm­te Söldner werfen die Mu­si­ker bru­tal zu Bo­den, zer­tre­ten ih­re Ins­tru­mente und drang­sa­lie­ren das Pub­li­kum. Von au­ßen dringt ein gleich­falls mas­kiertes Ein­satz­team ins Opern­haus und leitet Gas in den Kon­zert­saal. Einer von ih­nen wird sich als der ›Pro­ta­go­nist‹ (John Da­vid Wa­shing­ton) von Tenet er­wei­sen. Er eva­ku­iert ei­ne Per­son aus der Ge­fah­ren­zo­ne und sichert ei­nen obs­ku­ren Ge­gen­stand vor den Söld­nern, die im Dienst des rus­si­schen Waf­fen­händlers Andrei Sator (Ken­neth Bra­nagh) stehen. Als wä­ren die gleichzeitigen An­griffe zwei­er be­waffneter Grup­pen nicht ver­wir­rend ge­nug, wird dem na­men­los blei­ben­den ›Pro­ta­go­nis­ten‹ von ei­nem Un­be­kann­ten das Le­ben ge­ret­tet. Ein­zig über eine klei­ne Mes­sing­schei­be, die an sei­nem Ruck­sack baumelt, wird ge­gen Ende des Films auf­ge­löst, dass es sich bei ihm um Neil (Ro­bert Pat­tin­son) han­delt, der ersten Fi­gur, die das The­ma Freund­schaft in No­lans Filme ein­trägt. Um all dies be­reits beim ers­ten An­schau­en von Tenet zu er­fas­sen, muss man ziem­lich ge­nau zu­se­hen.
»Sehen Sie auch genau zu?« – mit dieser Frage aus dem Off be­ginnt Chris­to­pher No­lans Film The Prestige, der knapp ein­ein­halb Jahrzehnte vor Tenet er­schien.

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Venus mit Möwen und Krähen oder:
Über strukturelle Vogel-Probleme in Alfred Hitchcocks Film Die Vögel

in: Managing Structural Bird Problems, herausgegeben von den Philosophischen Bauern Ursula Achternkamp, Holger Heubner, Helmut Kraus, Nina Reisinger und Jürgen Willinghöfer.

2013

Auszug aus dem Text: Mit den Vögeln, die wie besessen auf Menschen einhacken und einen ganzen Ort terrorisieren, hat Alfred Hitchcock eine Ikone des Horrorkinos geschaffen. In Horrorfilmen geht es um Kontrollverluste. Sie werden meist dadurch ausgelöst, dass etwas Phantastisches in die vertraute Welt einbricht und die Herrschaft an sich zu reißen droht. Wie kein anderes Genre erzählt der Horrorfilm von den Ängsten und Lüsten, die damit verbunden sind, und von den Versuchen, das Phantastische aus der Welt zu vertreiben, um die verlorene Herrschaft über die Welt wiederzuerlangen.
Doch Die Vögel (1963) unterscheidet sich von den meisten Horrorfilmen dadurch, dass beide Elemente miteinander verschränkt sind: Aus dem Kontrollverlust wird ein Mittel der Disziplinierung. Außerdem überkreuzt sich in Die Vögel der Horror- mit einem Liebesfilm, denn die Liebe von Melanie und Mitch löst in manchen Panik aus.

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Der zweite Blick / A Second Look
Hitchcock: The Birds, Edwards: The Party, Scott: Blade Runner, Ruzowitzky: Anatomie, Scott: Gladiator

Edition Axel Menges
Deutsch / English

220 Abb. / illus.

ISBN 978-3-936681-54-3

2013

Abstract: Like literary texts, films often tell stories on multiple levels. Ridley Scott made an ironic reference to this when he called his legendary science-fiction film Blade Runner a »700-layer cake«. These buried structures are created in two ways: by elements that resonate throughout the film itself and by references to other films, texts, myths, paintings, historical events etc. that are adapted in a specific way by the director, the scriptwriter and the production team.

The heroine in Hitchcock’s film The Birds, for instance, is a modern Aphrodite/Venus. Just as Venus, born from the sea foam, was carried to land on a seashell, Melanie is carried across Bodega Bay in a boat that is not much bigger than Venus’ vessel in Botticelli’s painting. Melanie’s name is another reference to Aphrodite, who was also known as Melaina, »the black one«. In the fist scene of the film, in which she enters the pet shop where she later gets to know Mitch and buys the love birds, Melanie is also dressed in black.

The Venus-like Melanie is felt to be a threat by others within her world, and especially by more conventional women. One of them screams at her hysterically: »I think you’re evil! Evil!« This creates a particular connection between love and horror in the film. The classical Aphrodite also had a dark side – her union with Ares produced not only Harmonia, but also Deimos and Phobos: ›dread‹ and ›fear‹.

Detecting hidden references is only the first step in creating an analysis; the next step is to elucidate the function of the reference within the film. For instance, what does it mean that Hitchcock’s heroine is attacked by birds, whereas Venus was depicted accompanied by a dove? And why does Melanie, our »Venus«, wear furs?

Kirsch’s investigations of this and other questions open up new perspectives on a number of films, with extensive illustrations allowing the reader to follow these in detail. The book invites us to take a second look at The Birds, Blake Edwards’ The Party, Ridley Scott’s Blade Runner and Gladiator and Stefan Ruzowitzky’s Anatomy.

 

Free extract at:

http://axelmenges.de/buch/Kirsch_A-Second-Look.pdf

»In all, Kirsch has provided a superlative model for assessing the divisions of contemporary film thematics. […] This volume is a useful, perhaps indispensable, contribution to the wider postmodernist debate pursued in film, a field still barely represented in recent museum and gallery exhibitions: but it is now humming for sure with both students and schools, in this world of instant electronic referencing and accessibility to other precedent and text.«

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Praktizierte Feindesliebe: Romeo und Julia

konrad kirsch verlag
ISBN 978-3-989244-29-0

2007

Loving the Enemy Put Into Practice: Romeo and Juliet – Abstract: William Shakespeare’s tragedy Romeo and Juliet playfully examines Christian principles under ›real world‹ conditions. Baz Luhrmann’s film version Romeo + Juliet emphasizes the Christian subtext, as the cross-like plus-sign in the title clearly indicates.
Romeo and Juliet follow the commandment of loving the enemy. However, even in a Christian world, love for the enemy is forbidden. The clash of a Christian principle with the reality of Christianity is the tragic core of Shakespeare’s drama. 
Thus, the actual conflict that is played out in the drama is not the conflict between the Capulets and the Montagues, but the conflict between the lovers and their hostile families: between love and hate. Friar Laurence supports the lovers because he recognizes that Romeo and Juliet have turned hate to love. This could offer more than just a model for reconciling their families. »There is no world without [outside] Verona walls«: the city of Verona is equal to the world. Thus, if it were possible »to turn […] rancour to pure love« in Verona, the reconciliation of the world would be the consequence. 
These hyperbolic expectations have a precedent in real life: the feud of the Capulets and the Montagues is a transformed version of the Wars of the Roses, which ended with the marriage of Henry VII of the House of Lancaster and Elisabeth of the House of York. According to the Tudor myth, this marriage marked the beginning of a golden age, just as the marriage of Romeo and Juliet would make paradise on earth possible.
At the beginning of the drama, Romeo has not yet found his role. This changes when he meets Juliet: he drops his last name and is newly baptized as the lover. However, he holds a double role: Romeo is also depicted as a Christ character. As Christ, he is the god of love, and that is why Juliet has to fall in love with him. 

Some further subjects: the geometry of love, the lark and the nightingale in Gethsemane, Mantua as the realm of the dead, Juliet’s resurrection, the Christian and the Ancient Greek/pagan principle, the Prince and the Friar versus Fortuna and Coincidence, the third covenant, the exchanged letter, Mercutio’s curse, and the plague.

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Elias Canettis Poetik der Masse, der »Gorilla«, Fischerle und King Kong

in: Interkulturalität und Intertextualität. Elias Canetti und Zeitgenossen, herausgegeben von Maja Razbojnikova-Frateva und Hans-Gerd Winter

Thelem

ISBN 978-3-939888-21-5

2007

Auszug aus dem Text: Seit Jean-Jacques Rousseau den Zivilisierten als einen degenerierten Naturmenschen entworfen hat, tritt der Naturmensch immer wieder als Affe in der Literatur auf. Beispielsweise in Franz Kafkas Erzählung Ein Bericht an eine Akademie oder in Gustave Flauberts Djalioh, in Edgar Allan Poes Morde in der Rue Morgue, in Leopold von Sacher-Masochs Geschichte Der Liebesbeweis oder auch in Wilhelm Buschs Fipps der Affe.

Auch in Elias Canettis Roman Die Blendung tritt eine Figur auf, die nur als der »Gorilla« bezeichnet wird. Neben Rousseaus Naturmensch und die von ihm abgeleiteten Affenfiguren ist in Canettis »Gorilla« ein an­de­rer legendärer Affe eingegangen.

In seinen urwaldartigen Räumen lebt der »Gorilla« mit einer Pflegerin zusammen, die von der Familie vor der Öffentlichkeit als dessen »Sekretärin« ausgegeben wird. Mit ihr hat der »Gorilla« offenkundig ein Liebesverhältnis. – Ein Gorilla, der ein Liebesverhältnis mit einer Frau hat?

Im März 1933, also zwei Jahre vor Ver­öffent­li­chung der Blendung, erschien in den ameri­ka­ni­schen Kinos der Film King Kong und die weiße Frau. Der Film war bekanntlich auch international sehr erfolgreich und kam bereits im Dezember 1933 in deutsch­spra­chi­ge Kinos.

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Von Orwell lernen, heißt siegen lernen: Das Leben der Anderen

trifolium 6

2007

Auszug aus dem Text: Ein Uniformierter führt einen Häftling durch den Flur eines Gefängnisses, rote Lampen leuchten auf, eine Warnhupe trötet. Der Beamte befiehlt dem Häftling stehenzubleiben und den Kopf zu senken. Ein zweiter Uniformierter führt einen anderen Häftling durch einen Quergang. Nachdem sie vorrübergegangen sind, verlöschen die Lampen, die Hupe verstummt, und der erste Beamte geht mit dem Häftling weiter. Ein Untertitel zeigt an, dass die Handlung des Films im November 1984 einsetzt, ein zweiter, dass sie im Untersuchungsgefängnis Hohenschönhausen beginnt.
1984 in der DDR – diese Angaben legen bereits in der ersten Einstellung offen, dass in Das Leben der Anderen (BRD 2006) George Orwells Roman auf die DDR projiziert wird. Das mag auf den ersten Blick verwundern, da der Geschichte, die Florian Henckel von Donnersmarck (Buch und Regie) seine Figuren erleben lässt, eine fast dokumentar-historische Basis zugrundeliegt. Orwell hat mit 1984 eine Analyse totalitärer Regime im allgemeinen und des stalinistischen im besonderen vorgenommen und verlegt sie als negative Utopie in die Zukunft. Im Jahr 2006 ist ›diese Zukunft‹ bereits vergangen – und so bricht Henckel von Donnersmarck Orwells Dystopie auf das tatsächliche Jahr 1984 herunter. Bezogen auf die Gattung führt dies dazu, dass die Verschiebung von der Raum- zur Zeitutopie um die Volte erweitert wird, dass die Utopie nicht nur konkret verortet wird, sondern auch bereits stattgefunden hat – nicht nur als Gedankenspiel, sondern real.

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Die Masse der Bücher
Eine hypertextuelle Lektüre von Elias Canettis Poetik und seines Romans Die Blendung

konrad kirsch verlag
ISBN 3-929844-22-2

2006

»Die Studie rekonstruiert anhand der zentralen, oft untersuchten Begriffe wie Masse, Verwandlung, Überleben usw. Canettis Poetik, die als dualistisches und seit den frühen 1930er Jahren einheitliches System verstanden wird. Zum Verständnis der Blendung wird Intertextualität als konstitutiv erachtet; nach Genettes Modell wird der Roman als Hypertext aufgefasst, in dem zahlreiche Hypotexte fortwirken, satirisch, spielerisch oder ernst transformiert. Der Verf. bringt diese Transformationen trefflich auf Begriffe, die teilweise aus Aufzeichnungen Canettis gewonnen werden: Von Umstülpen, Verknappen, Übertreiben, »Partagierung« (S. 34) – der Verteilung des Hypotexts auf mehrere Figuren – und »Amphibolie« (S. 35) – dem erzeugen von Mehr-, ja Meistdeutigkeit – ist die Rede. Die wichtigsten literarischen und philosophischen Hypotexte der Blendung werden in ihrer Bedeutung für den Roman dargestellt; darunter auch zwei bislang übersehene Hypotexte, J. Goldsteins Wandlungen in der Philosophie der Gegenwart (1911) und der erste King Kong-Film (1933), der sowohl im Gorilla des Romans stecken könnte als auch in Fischerles gescheitertem amerikanischem Traum – allerdings soll Canettis Manuskript 1931 beendet gewesen sein. Die Monographie ist als systematische Enzyklopädie der Blendung-Prätexte hilfreich, wenngleich Canettis Poetik etwas starr aufgefasst wird und die Forschung nur bis 2001 eingearbeitet ist.«

Sven Hanuschek in Die Germanistik (Bd. 49 2008, Heft 1-2)

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Replik auf Katrin A. Schneiders Verriss meiner Dissertation Die Masse der Bücher in literaturkritik.de Nr. 4, April 2007

Sehr geehrte Redaktion,

»Wenn ein Buch und ein Kopf zusammenstoßen und es klingt hohl, ist das allemal im Buch?« musste schon Lichtenberg fragen.

Ihre Rezensentin ist offenkundig vom unbedingten Willen zum Verriss geleitet – was zur Folge hat, dass die gegen mich erhobenen Vorwürfe der Blendung und der mangelnden Sorgfalt auf sie selbst zurückfallen.

So erfahren Ihre Leserinnen und Leser – wenn überhaupt – nur sehr ungenügend, worum es in meiner Arbeit geht. Canetti und Intertextualität, ja – aber wie hängt beides miteinander zusammen? Hat die Inter- oder besser: Hypertextualität bei Canetti eine spezifische Funktion? Setzt er mit ihr seine Poetik um? Wie stellt sich diese Poetik dar? Lässt sich Canettis Werk über die Texte, auf die er sich bezieht, kontextualisieren – historisch, literarisch, philosophisch?

Keine dieser Fragen wird von Ihrer Rezensentin behandelt.
Statt dessen stellt sie Behauptungen auf, die sie nicht oder wenig stichhaltig belegt, und wenn sie argumentativ vorgeht, dann verfährt sie rein formalistisch, sie bläht kleine Ungenauigkeiten auf und macht ihre Kritik an einzelnen Punkten fest, die sie willkürlich herauspickt oder aus dem Zusammenhang reißt – und praktiziert damit, was sie mir vorwirft. Auf diese Weise enthält sie Ihren Leserinnen und Lesern die Konzeption des Projekts vor und entstellt seine Durchführung.

Dabei ist es gar nicht so schwer. Für Canetti geht es immer um Leben oder Tod. Der Tod ist sein größter Feind, und ihm kann man nur entrinnen, indem man sich permanent verwandelt. Das heißt, über je mehr Identitäten man verfügt, desto ferner ist man dem Tod. Der Ort, an dem diese Identitäten versammelt sind, ist die Masse. Das macht sie zu Canettis Utopie.
Er verräumlicht psychische Vorgänge und faßt umgekehrt körperliche Prozesse psychisch auf. Es gibt folglich nicht nur eine äußere Masse, sondern auch eine innere, psychische: die »Masse in uns«, wie es in der Blendung heißt. Aufgabe des Dichters ist es, mittels der Literatur diese innere Masse zu vergrößern und so das Lebenspotential des Lesers zu steigern.
Was für den Menschen gilt, gilt strukturell auch für Canettis Figuren: Auch in ihnen sind andere Figuren versammelt, auch sie haben eine Masse in sich, bestehend aus den Figuren der Weltliteratur. Die Konzeption seiner Figuren legt Canetti in dem Alptraum des Protagonisten der Blendung offen: »Da zückt der rechte Jaguar einen Steinkeil und stößt ihn dem Opfer« – also Kien – »mitten ins Herz. […] Entsetzlich: aus der aufgerissenen Brust springt ein Buch hervor […] Das Opfer reißt die Brust weit, weit auseinander. Bücher, Bücher kollern hervor. Dutzende, hunderte, sie sind nicht zu zählen […]«.
Kien besteht also aus einer – Masse – von Büchern; sie machen das »Herz« von Canettis Figuren aus.
Mit diesen Büchern und ihrer Funktion beschäftigt sich der zweite Teil meiner Arbeit: die hypertextuelle Lektüre der Blendung und Canettis Poetik.
Einige der dort behandelten Autoren, Stoffe und Motive sind: Platon, Rousseau, Hobbes, King Kong, Sophokles, die Bibliothek von Alexandria, Freud, Dante, Aristoteles, Giordano Bruno, Don Giovanni und der Steinerne Gast, der Totentanz, die Himmelsleiter, der Ur-Adam, Bergson und die Lebensphilosophie, Shi Hoang Ti, die Chinesische Mauer und chinesische Begräbnisriten, der Erste Weltkrieg und der Volkskörper, Pinel, die Französische Revolution, Dionysos und die Frühromantik.

Mit schönem Gruß

 

http://www.literaturkritik.de/public/mails/rezbriefe.php?rid=10588#842

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In der Geisterwelt: Kafkas Affe und Der Verschollene

konrad kirsch verlag

ISBN 978-3-929844-20-7

2004

Auszug aus dem Text: Franz Kafkas Ein Bericht für eine Akademie schildert, wie der Affe Rotpeter zum Menschen und schließlich zum Varietékünstler wird. Das Thema der Erzählung ist also die Künstlergenese, deren Voraussetzung die Menschwerdung ist. Auch Rousseau verfasste ›einen Bericht für eine Akademie‹, an die von Dijon. So ist bereits der Titel von Kafkas Erzählung eine deutliche Anspielung auf den Discours sur l’origine et les fondemens de l’inégalité parmi les hommes. In ihm entwickelt Rousseau das Konzept des Naturmenschen, der seiner Ansicht nach mit jenen Menschenaffen identisch ist, von denen zeitgenössische Übersee-Reisende berichten. Aufgrund der Eigenschaft des Menschen sich zu vervollkommnen sei aus diesem Affenmensch der Zivilisierte hervorgegangen. Dem Muster dieser Entwicklung folgt die Künstlergenese in Kafkas Ein Bericht für eine Akademie.
Der Bericht nimmt u.a. auf einen zweiten Text Bezug. Bei seiner Gefangennahme wird der Affe Rotpeter angeschossen und nach Ansicht des Verfassers getötet. Dem entsprechend ist das Schiff, das Rotpeter nach Europa bringt, eine Totenbarke. In Himmel und Hölle beschreibt Emanuel Swedenborg das Dasein der menschlichen Geister im Jenseits: Dass sie nicht wissen, dass sie tot sind; dass dort jeder sein innerstes Wesen offenbart und so sein ›eigentliches Leben‹ lebt: als Engel oder Teufel. Bei seiner Umgestaltung stehen ihm jene zur Seite, die bereits Engel oder Teufel sind – wie die Matrosen, die Rotpeter bei seiner Mensch- und Künstlerwerdung helfen und ihm in Form hochprozentiger Spirituosen den Heiligen Geist eintrichtern.
Auch Kafkas Amerika-Roman Der Verschollene lässt sich mit Swedenborg neu lesen. Karl Rossmann wurde »umgebracht«, wie Kafka in seinem Tagebuch festhält, und gelangt auf einer Totenbarke nach Amerika: in die neue Welt, ins Jenseits, wo er wie der Affe Rotpeter ein »neue[s] Leben« beginnt. Als erstes muss Rossmann Englisch lernen – die Sprache der Engel. Im folgenden trifft er auf gute und böse Geister; vor allem Delamarche und Robinson wollen ihn in ihre Hölle hinabziehen, wo Brunelda ihr ebenso skurriles wie grausames Regiment führt. Rossmann kann entkommen, und menschliche Engel weisen ihm den Weg: »hunderte Frauen als Engel gekleidet in weißen Tüchern mit großen Flügeln am Rücken[, die] auf langen goldglänzenden Trompeten bliesen«. Im Theater von Oklahoma gerät Rossmann in eine jener bürokratischen Prozeduren, die für Kafka typisch sind. Bei ihrer Gestaltung greift Kafka ebenfalls auf Swedenborgsche Motive und Strukturen zurück. Das gleiche gilt für die Künstlermotivik im Verschollenen, denn das Reich, in dem das göttliche Genie residiert, ist der Himmel.

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Am Galgenstrick
Zur Struktur von David Lynchs Lost Highway

trifolium 2

2004

Auszug aus dem Text: In Lost Highway (1997) von David Lynch lassen sich zunächst zwei Ebenen voneinander unterscheiden: Auf der ersten wird von Fred Madison (Bill Pullman) berichtet, der aus Eifersucht seine Frau Renée (Patricia Arquette) umbringt. Er wird verhaftet und zum Tode verurteilt. Doch in seiner Gefängniszelle transformiert sich Fred in Pete Dayton (Balthazar Getty); damit findet der Wechsel von der ersten zur zweiten Ebene statt. Da es sich bei ihm augenscheinlich nicht um Fred handelt, wird Pete entlassen. Bald darauf begegnet er Alice Wakefield, die wie die getötete Renée von Patricia Arquette gespielt wird. Alice erscheint ihm als moderne Venus, geboren aus dem Schaum des rauschenden Verkehrsstroms, weshalb sich Pete in sie geradezu verlieben muss. Doch er zögert, eine Beziehung mit ihr einzugehen, denn Alice ist die Geliebte / bevorzugte Prostituierte des Gangsters Mr. Eddy (Robert Loggia). Gegen Ende des Films verschmelzen die beiden Ebenen miteinander: Pete verwandelt sich wieder in Fred, Mr. Eddy hat eine Beziehung zu Renée und wird von Fred ermordet.
Die drei männlichen Figuren stehen also in einem engen Verhältnis zueinander. Das beginnt mit ihren Namen, die jeweils die Buchstabenkombination ED/ET enthalten: Fred, Pete und Eddy. Des weiteren haben alle drei eine Beziehung mit derselben Frau, wenn man Renée und Alice als eine Figur auffasst – wie dadurch nahegelegt wird, dass Renée und Alice von derselben Darstellerin gespielt werden. Schließlich bilden die drei Figuren eine Altersfolge: Pete ist jung, Fred mittelalt und Mr. Eddy der älteste von ihnen. Durch diese Altersstruktur erscheinen sie als verschiedene zeitliche Stufen einer einzigen Figur. Dem gemäß stellen die drei Protagonisten alter egos dar: Auf der ersten Ebene ist Fred der alleinige männliche Protagonist, der sich mit dem Wechsel von der ersten auf die zweite Ebene in ein jüngeres und ein älteres Selbst aufspaltet. Pete und Mr. Eddy stehen einander folglich als Doppelgänger gegenüber, in denen Fred mit sich selbst interagiert.

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Auf der Himmelsleiter: Robert Walsers Jakob von Gunten


konrad kirsch verlag
ISBN 3-929844-19-2

2004

Abstract: In der Himmelsleiter wird die Struktur von Robert Walsers Erzählung Jakob von Gunten untersucht. Außer den binnentextuellen Motiven und Korrespondenzen mit anderen Texten Walsers erweisen sich die intertextuellen Bezüge der Erzählung hierfür als Schlüssel.
Jakob von Gunten ist neben anderem eine Künstlergeschichte. Ihr ist die Geschichte des biblischen Jakob unterlegt, der Walser das Motiv der Himmelsleiter entlehnt. Diese Leiter ist in den Namen des Protagonisten eingeschrieben: Jakob von Gunten kommt »von ganz unten«, wie es in der Erzählung heißt, und will nach ganz oben. Wie der alttestamentliche Jakob schließt er nach heftigem Ringen einen Bund mit Gott – und zieht mit ihm in die Wüste, fern allen Kulturbetriebs.
Auf einer zweiten Ebene ist die Erzählung von den Jenseitsvisionen Emanuel Swedenborgs geprägt. So ist die eigentümliche Welt der Dienerschule der Swedenborgschen Geisterwelt nachgebildet, und die Art und Weise, wie einige Figuren der Erzählung auftreten, entspricht dem, was Swedenborg über das Verhalten der Engel und Geister zu berichten weiß. In einem weiteren Abschnitt werden die Korrespondenzen von Jakob von Gunten und einer kurzen Geschichte Walsers, Die Buben Wiebel, betrachtet. Durch sie erweist sich die Erzählung auch als Hommage an die republikanische Schweiz.
Weitere untersuchte Themen und Rekurse sind: Jakob von Gunten als Bildungsroman, das Motiv der Leiter im Spaziergang und die Dialektik von oben und unten, Angelus Silesius und das Gottesbild der Mystik, das Lachen bei Henri Bergson, Walsers Kulturkritik und Elemente aus Dantes Göttlicher Komödie.

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Zwei Blendungen in der Blendung: Canetti, Platon und Sophokles

Zeitschrift für deutsche Philologie, 123. Bd., Heft 4 / 2004

Abstract: In his novel Die Blendung (Auto-da-fe), Canetti takes up central motifs of Plato’s cave parabel and caricatures his prototype of the philosopher in the figure of Kien. As Kien commits suicide, Canetti lets Platonic idealism die with him. Canetti’s poetics can thus be deciphered as a counterconcept to Plato’s idealism and his notion of the crowd as a counterconcept to the Platonic state.
All the relations between the figures in Auto-da-fe follow the Oedipus pattern. But the person who is blinded is not the one who commits incest, but the one who reads forbidden ›scientific‹ literature, like the Anti-Oedipus Kien. In this transposition of the Oedipus material, the sphinx embodies Canetti’s poetic principle of metamorphosis. With Kien’s brother Georges there appears a second Anti-Oedipus, who does not wish to solve her riddle, but to become a sphinx himself.

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Canetti und Rousseau

 

konrad kirsch verlag

ISBN 978-3-929844-13-9

2002

Auszug aus dem Text: Peter Kien, der Protagonist in Elias Ca­net­tis Roman Die Blendung, ver­bringt fast den gesamten Tag in seiner Bibliothek. Nur in den Mor­­­­genstunden un­­ternimmt der Gelehrte täglich einen kleinen Spa­zier­gang, um die Auslagen der umliegenden Buch­hand­­lungen zu be­gutachten. Die Begebenheiten, die sich auf die­sen Aus­­flü­­gen in die Welt der »Analphabeten« zu­­tra­­gen, ver­­­zeichnet Kien in einem Notizbuch, das er irgend­wann einmal un­­ter dem Ti­tel »Spa­zier­gän­ge eines Si­­no­lo­gen« zu ver­öf­­fentlichen ge­denkt. – Mit diesem Titel spielt Ca­netti gleich zu Be­ginn sei­nes Ro­mans auf Jean-Jacques Rous­seau an. Doch nicht des­sen Band Les rêveries du pro­meneur so­litaire (1782) ist zen­tra­l für Die Blen­­­­dung; der Ti­tel von Kiens No­­tiz­buch dient lediglich da­zu, auf Rous­­­­seau im all­ge­mei­nen zu verweisen. Viel­schich­tigen Be­zug nimmt Ca­­netti hin­gegen auf dessen Discours sur l´ori­gine et les fon­­de­mens de l´in­éga­li­té parmi les hommes (1755).

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Vom Autor zum Autosalvator: Georg Büchners Lenz


konrad kirsch verlag
ISBN 3-929844-12-5

2001

Abstract: Die Untersuchung geht von der These aus, dass Büchner in Lenz der Frage nachgeht, weshalb ein Autor sich für Christus hält und glaubt, ein Kind von den Toten erwecken zu können. Lenz betrachtet das Kind als alter ego, – wenn er es wieder zum Leben erweckte, würde er sich selbst von Leid und Tod erlösen. Büchner lässt ihn sein Leiden auf die Autonomie des Individuums in der Moderne zurückführen. Diese Entwicklung versucht Lenz auf psychischer, ökonomischer und künstlerischer Ebene rückgängig zu machen. Dazu wendet er sich von der Kunst ab und der Religion zu. Im Kunstgespräch überträgt Lenz die Eigenschaften des Kunstwerks auf die Welt und erstellt das Modell für die Erweckung des Kindes. Gelänge sie, würde sich Lenz als Sohn Gottes erweisen, dessen apokalyptische Wiederkehr die Moderne und das Leiden an ihr hinwegfegte. Dies lässt vermuten, dass Büchner an Lenz seinen Wunsch nach sofortiger Revolution fiktional durchspielt und scheitern lässt. Daran anschließend wird die höchst artifizielle Architektur der Erzählung nachgezeichnet.
Im zweiten Teil des Autosalvators wird gezeigt, dass Lenz und Leonce und Lena komplementär angelegt sind. Die Verbindung beider Texte macht die Namensstruktur deutlich: Leonce ist die romanisierte Version von Lenz und Lena die feminine. Doch im Gegensatz zu Lenz gelingt den beiden Liebenden die wechselseitige Selbsterlösung im alter ego. Aus der Untersuchung der beiden Texte wird das Strukturschema von Erlösung und Mord abgeleitet, das den Schlüssel zu Büchners literarischem Werk liefert, und auf Dantons Tod sowie Woyzeck angewendet. Schließlich wird der mögliche Einfluss Johann Georg Hamanns auf Büchners Werke betrachtet.